Gustav Stettler

19132005

Gustav Stettler, geboren und aufgewachsen im bernischen Mittelland, zog 1934 nach Basel und wirkte hier als Radierer, Maler und Gewerbeschullehrer. Ab 1950 lebte er in Riehen.

Sohn des Karl Stettler (Bauarbeiter; † 1923) und Maria, geborene Oberli. Heirat 1938 mit Nelly Stähli (Damenschneiderin; 1912–2002). Ein Sohn.

Herkunft, Kindheit

Gustav Stettler wurde am 5. April 1913 in Oberdiessbach im bernischen Mittelland als Sohn eines Bauarbeiters geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1923 wuchs er und seine drei Schwestern in der Nachbargemeinde Herbligen beim Bauern Ernst Friedrich Reusser auf, den seine Mutter in zweiter Ehe geheiratet hatte. Aus dieser Ehe ging eine weitere Tochter hervor.

Ausbildung und beruflicher Werdegang

Nach einer Flachmalerlehre in Oberdiessbach übersiedelte Stettler im Frühjahr 1934 nach Basel, wo er sich neben seiner Tätigkeit als Flach- und Schriftenmaler an der Allgemeinen Gewerbeschule künstlerisch ausbilden liess. Seine wichtigsten Lehrer waren Arnold Fiechter und Albrecht Mayer.

1938 heiratete Stettler die Bernbieterin Nelly Stähli; ein Jahr später kam Sohn Peter auf die Welt. Während des Zweiten Weltkriegs leistete der junge Familienvater während längerer Zeit Aktivdienst.

1943 wurde Stettler an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel als Zeichen- und Tiefdrucklehrer angestellt – eine Tätigkeit, die er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1978 ausübte. Ebenfalls im Jahr 1943 ging er im Wettbewerb des Staatlichen Kunstkredits für das Basler Zivilstandsamt mit dem Gruppenbild ‹Die Zeugen› als Sieger hervor und schaffte damit den Durchbruch als Künstler.

1948 war Stettler, der auch in der Gunst des damaligen Kunstmuseumsdirektors Georg Schmidt stand, einer der Mitbegründer der Künstlergruppe Kreis 48. 1954 kaufte die Schweizerische Eidgenossenschaft Stettlers Schlüsselwerk ‹Existentialist› an. Mehrere kantonale und eidgenössische Kunststipendien und Preise sowie Ausstellungen in der ganzen Schweiz verhalfen dem Künstler zu Ansehen und hohem Bekanntheitsgrad.

Umzug nach Riehen

1950 zog Gustav Stettler mit Familie von Basel nach Riehen in ein innerhalb der Genossenschaftssiedlung Im Höfli neu erbautes Haus mit Atelier am Kohlistieg 58. Von 1969 an mietete Stettler zudem den Atelierraum im ehemaligen Wohnhaus von Numa Donzé an der Paradiesstrasse 4, bis 1980 sein Sohn und dessen Frau Erica Schnell in dieses Haus einzogen. Danach unterhielt er ein Atelier am Luftgässlein in Basel.

1973, 1983, 1988 und 1998 organisierte die Kommission für bildende Kunst Riehen zu Stettlers 60., 70., 75. und 85. Geburtstag jeweils eine Jubiläumsausstellung. 1989 erhielt Gustav Stettler den Riehener Kulturpreis. 2023 würdigte ihn der Kunst Raum Riehen mit einer grossen Retrospektive.

Gustav Stettler zog 1994 mit seiner Frau ins Altersheim Dominikushaus, wo er seine letzten Lebensjahre verlebte. Er starb am 27. Juni 2005 in Basel. Er ist mit Frau, Sohn, Schwiegertochter und deren Mutter in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof am Hörnli bestattet.

Werk

Stettlers Frühwerk, dunkeltonig gehaltene Bilder anonymer Häusergruppen und verloren wirkender Menschen, ist einerseits vom Eindruck, den die Stadt Basel auf den jungen Bernbieter machte, andererseits von der bedrohlichen Lage während des Zweiten Weltkriegs geprägt. Auf zahlreichen Radierungen dieser Zeit verewigte Stettler seine junge Frau Nelly, wie sie dem verletzlich wirkenden Sohn Peter fürsorglich Geborgenheit und Schutz vor einer bedrohenden Welt bietet.

Die Kaltnadelradierung wird zu Gustav Stettlers bevorzugtem Medium, auch wenn es Ölgemälde waren, die ihm zum Durchbruch als Künstler verhalfen. Stettler versuchte sich weder in der Abstraktion noch im Gestischen, sondern blieb zeitlebens festen figürlichen Formen treu. Sein bevorzugtes Thema waren neben Stadtbildern frontal ausgerichtete Porträts und Ganzkörperbildnisse, die in ihrem umrissbetonten Formempfinden und der stilisierenden Reduktion Individuelles mit Idealtypischem verbanden.

In den 1960er- und 1970er-Jahren zeichnete und malte Stettler mit Vorliebe junge Menschen in zeittypischer Modekleidung sowie Frauen- und Mädchenakte. Wiederholt erhielt er Aufträge auch für private Porträts. Daneben schuf er wenige Stillleben sowie weiterhin Stadtansichten. In seiner Reifezeit machte sich in seiner Linienführung ein Hang zu Manierismen und überlängten Formen bemerkbar und seine Ölbilder wurden zunehmend farbiger.

Gustav Stettler gehörte zu den national bekanntesten im Raum Basel wirkenden Künstlern seiner Generation. Der Kunstkredit Basel-Stadt kaufte von ihm bereits seit den 1940er-Jahren mehrfach Ölbilder und Drucke an. Auch die Kunstmuseen in Basel und Thun erwarben sich Werke von Gustav Stettler. Auch in anderen Kunsthäusern, etwa in Aarau oder in Chur, und in Firmensammlungen finden sich einzelne Bilder von Stettler. Der Grossteil seines Œuvres ist jedoch auf zahlreiche Privatsammlungen verstreut.

Der grafische Nachlass befindet sich seit 2022 im Archiv Regionaler Künstler:innen-Nachlässe ARK Basel.

Autorin / Autor: Tomas Lochman | Zuletzt aktualisiert am 24.2.2025

Fakten

Gustav
Stettler
Stettler-Stähli
05.04.1913 in Oberdiessbach BE
27.06.2005 in Basel
Bolligen BE

Artikel

Jahrbuch z’Rieche

Werke (Auswahl)

Kunstsammlung der Gemeinde Riehen

Das Bad. Kaltnadelradierung, 1943.

Der Hof des Kleinen Mannes. Radierung, 1960.

Dorf in Spanien. Gouache, 1962.

Mädchenkopf. Radierung, 1963

Atelier am Rhein. Radierung, 1968.

Costa Brava. Radierung, 1968.

Des Fischers Enkelin, Öl auf Leinwand, 1971.

Mädchen in Rot. Öl, 1972.

Südliche Landschaft, Öl, 1985.

Grosse Gruppe II. Öl, 1985–1986.

Mutter. Radierung, undatiert.

Jacqueline. Radierung, undatiert.

Spielendes Mädchen, undatiert

Archive

Dokumentationsstelle Riehen

RIE A.1 350.2.12 / b.04 (Jubiläumsausstellung 1973), b.40 (Ausstellung Spätwerke 1988), b.78 (Ausstellung 1998), b.83 (Ausstellung 1999)

Staatsarchiv Basel-Stadt

Zahlreiche Dokumente im Archiv des Basler Kunstvereins: PA 888a

Literatur

Jahrbuch z’Rieche

Christ, Dorothea: Kulturpreisträger 1989: Gustav Stettler. In: z’Rieche. Ein heimatliches Jahrbuch 1990. S. 86–94.

Krattiger, Hans: Gustav Stettler. In: Jahrbuch z’Rieche 1983. S. 57–66.

Weitere Literatur

Gass, Margrit, Markus Glatt und Andreas Jetzer (Hg.): Die Basler Künstlergruppe Kreis 48. Basel 2016. S. 182ff., 232f.

Göhner, Hans: Gustav Stettler. Basel 1983.

Gustav Stettler, Maler – Hans Josephsohn, Bildhauer. Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle Basel, 20. März bis 25. April 1965. Basel 1965.

Gutzwiller, Ursula M.: Gustav Stettler. Neuere Öl-Bilder. Katalog zur Ausstellung der Gemeinde Riehen im Berowergut vom 23. April bis 23. Mai 1988. Riehen 1988.

Wehren, Hans Rudolf: Gustav Stettler. Bildnisse auf Kupfer und Zink aus dem Nachlass im ARK Basel. Eine persönliche Auswahl. Basel 2025.

Wittwer, Hans-Peter: Gustav Stettler. In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2018. URL: https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4001680/in/sikart (17.02.2025)

Zürcher, Isabel und Jean-Claude Freymond-Guth: Gazette Gustave, Publikation im Zeitungsformat zu den Ausstellungen ‹Ma vie, les autres – Gustav Stettler, Maler (1913–2005)› im Kunst Raum Riehen, 2. September – 5. November 2023, und ‹Stadt-Land-Fluss, Gustav Stettler im Dialog mit der Sammlung› im Kunstmuseum Thun, 10. Februar – 21. April 2024. Riehen 2023.

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