Paul Hulliger

18871969

Paul Hulliger entwickelte zwischen 1918 und 1926 die sogenannte ‹Hulligerschrift›. Diese wurde an den Schweizer Schulen bis Mitte der Vierzigerjahre gelehrt. Hulliger sass für die SP im Weiteren Gemeinderat Riehen und war Initiant des Riehener Dorfmuseums.

Sohn des Andreas Hulliger (Lehrer) und der Maria, geborene Gutknecht. Erste Heirat 1916 mit Maria Hostettler. Zweite Heirat 1927 mit Marie Elise Müller. Fünf Kinder.

Paul Hulliger wurde am 27. September 1887 im bernischen Grafenried geboren. Er wuchs in einer Familie mit sieben Kindern auf.
Von 1903 bis 1907 absolvierte Hulliger das Lehrerseminar in Hofwil bei Bern und arbeitete danach bis 1911 als Primarlehrer im benachbarten Zollikofen. 1913 legte er erfolgreich die Prüfung zum Sekundarlehrer ab. Von 1914 bis 1916 durchlief er die Ausbildung zum Zeichenlehrer in München, Basel, Zürich und Bern. Im Anschluss daran lebte er von 1916 bis 1933 in Basel.
Von 1916 bis 1925 unterrichtete er als Zeichenlehrer an der Mädchenrealschule Basel, von 1921 bis 1925 als Methodiklehrer und von 1925 bis 1953 als Lehrer für Schreiben und Zeichnen am Zeichenlehrerseminar Basel. 1933 zog er mit seiner Familie nach Riehen an den Grenzacherweg 188. Hulliger war 36 Jahre in Riehen wohnhaft.

Hulligerschrift

Während seiner Zeit in Basel entwarf Paul Hulliger eine neue Handschrift für Schweizer Schulen und kaufmännische Berufe und reformierte die Methodik des damaligen Schreibunterrichts. Zwischen 1918 und 1925 testete er die Schriftreform mit einer Versuchsklasse der Mädchenrealschule Basel. Eine Kommission des Erziehungsrats begutachtete zwischen 1923 und 1925 seine Arbeit und beschloss, die neu entwickelte sogenannte ‹Hulligerschrift› 1926 an allen Schulen des Kantons Basel-Stadt einzuführen. Diese neue Schrift löste die Antiqua-Spitzfederschrift ab. Ab 1936 wurde sie als Schweizer Schulschrift festgelegt und in zehn Kantonen eingeführt.
Hulliger war es ein Anliegen, eine funktionale und ästhetische Schrift zu gestalten, die sich leicht lesen und schnell schreiben liess. Er strebte die Entwicklung einer zeitgemässen Schrift an, die den persönlichen Einfluss der Schreibenden nicht ausschloss und sich gleichzeitig an den Urformen der Schrift orientierte. Die Hulligerschrift wurde Mitte der Vierzigerjahre durch die neue Schweizer Schulschrift ersetzt.
Hulliger gründete 1927 die Werkgemeinschaft für Schrift und Schreiben und 1932 die Zeichenlehrer-Vereinigung.

Engagement in Riehen

Von 1945 bis 1959 war Hulliger als Vertreter der SP Mitglied im Weiteren Gemeinderat. Dabei machte er sich für kulturelle Belange wie den Heimatschutz stark. Er setzte sich etwa für den Erhalt der bemalten Balkendecken der ‹Taubstummenanstalt› an der Schmiedgasse 26 ein.
Hulliger war Initiant und Mitglied der Kommission für ein Riehener Dorfmuseum, die 1962 vom Gemeinderat gewählt wurde. Weitere Mitglieder waren Robert Wildhaber (Direktor des Volkskundemuseums in Basel), Jules Ammann-Schmid, Richard Beglinger, Jakob Frev, Hans Renk, Theodor Seckinger und Johannes Wenk. Hulliger sammelte Objekte für das Museum, die in seinen Augen die Riehener Dorfkultur repräsentierten (Heugabeln, Tintenfässer oder Öllampen). Im Jahr 1972 wurde das Dorfmuseum im Wettsteinhaus eingeweiht.

Ausserdem war er publizistisch tätig und schrieb Artikel für die ‹Riehener Zeitung› und das Jahrbuch ‹z’Rieche›. Seit seiner Jugend begeisterte sich Paul Hulliger für Berner Wirtshausschilder. Zwischen 1913 und 1915 malte er über fünfzig solche Schilder mit Tusche und Feder oder Tempera ab. Zur geplanten Publikation seiner Sammlung in den ‹Berner Heimatbüchern› des Paul Haupt Verlags in Bern kam es nicht mehr. Stattdessen wurde ihm nach seinem Tod im Dorfmuseum die ‹Gedächtnisausstellung Paul Hulliger› gewidmet, wo seine Zeichnungen der Öffentlichkeit präsentiert wurden.

Paul Hulliger starb am 24. August 1969 in Riehen und wurde auf dem Friedhof am Hörnli bestattet.

Autorin / Autor: Luzia Knobel | Zuletzt aktualisiert am 21.9.2023

Fakten

Paul
Hulliger
Hulliger-Müller
27.09.1887 in Grafenried (BE)
24.08.1969 in Riehen
Heimiswil (BE) und ab 1962 Riehen

Artikel

Jahrbuch Riehen

Werke (Auswahl)

Schriftreform als Teilgebiet der Schulreform. Zug 1930.

Grosser technischer Lehrgang der neuen Schrift. Herzogenbuchsee 1931.

Die neue Schrift. Die Neugestaltung des Schreibunterrichtes an den Basel-Städtischen Schulen: Bericht und Anträge der vom Erziehungsrat des Kantons Basel-Stadt gewählten Studienkommission an die Erziehungsbehörden. Basel 1925.

Die Schriftreform der Schweiz. Bonn 1932.

Artikel von Paul Hulliger im Jahrbuch z’Rieche

Das neue Gemeindehaus. In: Jahrbuch z’Rieche 1961. S. 25–28.

Auf dem Wege zum Dorfmuseum. In: Jahrbuch z’Rieche 1962. S. 49–60.

Zum Gedenken an Arnold Hof. In: Jahrbuch z’Rieche 1963. S. 94–97.

Riehens Brunnen und ihre Quellen. In: Jahrbuch z’Rieche 1963. S. 5–18.

Alte Brunnen in Riehen. In: Jahrbuch z’Rieche 1965. S. 77–81.

Schmiedeiserne Gittertore. In: Jahrbuch z’Rieche 1966. S. 15–18.

Das Dreikönigsschild, ein Wahrzeichen des alten Riehen. In: Jahrbuch z’Rieche 1968. S. 17–20.

Archive

Schweizerisches Wirtschaftsarchiv

Hulliger, Paul (1887–1969). Dokumentensammlung: CH SWA Biogr. Hulliger, Paul.

Staatsarchiv Basel-Stadt

Nachlass Paul Hulliger (1887–1969): PA 1037.

Sammlung biographischer Zeitungsauschnitte: 21 Zeitungsartikel.

Literatur

Jahrbuch z’Rieche

Krattiger, Hans: Paul Hulliger – Künstler und Kämpfer. In: Jahrbuch z’Rieche 1987. S. 115–123.

Wirz, Eduard: Zum Gedenken an Paul Hulliger. In: Jahrbuch z’Rieche 1969. S. 113f.

Weitere Literatur

Hulliger, Paul. In: SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz. URL: www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4025474&lng=de (22.11.2021).

Lexikon der Pädagogik. Bd. 3. Freiburg i. Br. / Basel 1952. S. 224f.

Solarová, Svetluse: Hulliger, Paul. In: Historisches Lexikon der Schweiz. URL: www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8244.php (22.11.2021).

Simmen, Chr.: Die Schriftreform und die neue Schrift von Paul Hulliger. In: Jahresbericht des Bündnerischen Lehrervereins. Bd. 46 (1928). S. 55–77.

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