Johann Rudolf Wettstein gilt als einer der bedeutendsten Politiker der Eidgenossenschaft im Ancien Regime. Von 1626 bis 1635 war er Obervogt zu Riehen, wo er später einen Landsitz aufbaute.
Sohn des Hans Jakob Wettstein (Kellermeister im Spital, später Spitalmeister) und der Magdalena, geborene Betzler. Heirat 1611 mit Anna Maria Falkner. Neun Kinder.
Johann Rudolf Wettstein kam am 27. Oktober 1594 in Basel zur Welt als jüngster von fünf Söhnen des Johann Jakob Wettstein und der Magdalena, geborene Betzler, die aus Russikon im Zürcher Weinland zugewandert waren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Basel absolvierte er eine Kanzleilehre in Yverdon und Genf. 1611 eröffnete er in Basel ein Notariat und heiratete Anna Maria Falkner (1589–1647) aus einem alten baslerischen Patriziergeschlecht. Dieser Ehe entsprossen fünf Töchter und vier Söhne.
Während des Dreissigjährigen Kriegs (1618–1648) durchlief Wettstein in Basel eine Ämterlaufbahn, die ihn bis an die Spitze der Stadtrepublik führte: Seit 1620 vertrat Wettstein die Rebleutenzunft im Kleinen Rat und seit 1627 gehörte er dem wichtigsten Ratsausschuss, dem Dreizehnerrat, an. 1635 stieg er zum Oberstzunftmeister und 1645 zum Bürgermeister der Stadt auf.
Johann Rudolf Wettstein vertrat den Stand Basel zwischen 1630 und 1665 regelmässig an den eidgenössischen Tagsatzungen. Ende 1646 von den reformierten Orten an den Friedenskongress in Westfalen entsandt, erreichte er in zähen Verhandlungen, dass die wichtigsten west- und mitteleuropäischen Mächte im abschliessenden Friedensvertrag die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft vom Heiligen Römischen Reich deutscher Nation anerkannten.
Im Bauernkrieg von 1653 nahm Wettstein als Basler Bürgermeister eine von der Vorstellung des Gottesgnadentums geprägte autoritäre Haltung ein und befürwortete drakonische Strafmassnahmen gegen die aufständischen Untertanen.
Wettstein war von 1626 bis 1635 Obervogt in Riehen, in einer Zeit, als auch die benachbarten Gemeinden vom Dreissigjährigen Krieg betroffen waren. Im März 1633 setzte er durch, dass die fünf Basler Bürger, die in Riehen Haus und Güter besassen, sich am sogenannten Soldatengeld zur Finanzierung einer Wache von zwölf Berufssoldaten beteiligen mussten.
Ab den 1630er-Jahren kaufte Wettstein in Riehen zahlreiche Besitzungen, insbesondere das Alte Wettsteinhaus und das angrenzende Meigel’sche Landgut. Als Ergänzung zu seinem Landbesitz konnte er 1661 von der Stadt die ehemals dem Kloster Wettingen gehörigen Einkünfte als Entschädigung für seine während der westfälischen Mission erlittenen Verluste zu einem Vorzugspreis erwerben. Für Wettstein hatten seine Riehener Besitzungen vor allem eine wirtschaftliche Bedeutung. Ihre Erträge, namentlich aus dem Weinbau und -handel, trugen massgeblich dazu bei, dass er sich einen Grossteil seiner Zeit den politischen Geschäften widmen konnte.
Johann Rudolf Wettstein starb am 12. April 1666 in Basel.
1904 wurde in Riehen auf Antrag des Gemeinderats der Zehnjuchartenweg in Wettsteinstrasse umbenannt. Als dieser Strassenabschnitt 1935 der Bahnhofstrasse zugeschlagen wurde, erhielt die bisherige Glöcklihofstrasse den Namen Wettsteinstrasse.
Anlässlich der Jubiläumsfeier zur 400-jährigen Zugehörigkeit Riehens zu Basel im Jahr 1923 war Wettstein die Hauptfigur des von Albert Oeri verfassten Festspiels ‹Wettstein und Riehen›. 1948 gab die Gemeinde bei der Bildhauerin Hedwig Frei eine Gedenktafel für Johann Rudolf Wettstein in Auftrag, die seit 1949 am Alten Wettsteinhaus angebracht ist.
Autorin / Autor: Stefan Hess | Zuletzt aktualisiert am 31.10.2024
Acta und Handlungen Betreffend Gemeiner Eydgnosschafft Exemption und was deren durch die Cammer zu Speyr darwider vorgenommener Turbationen halb so wohl bey den Westphälischen Fridens-Tractaten alß am Kayserl.Hoof vnd anderstwo negocirt vnd verrichtet worden. Basel 1651.
Zahlreiche Akten zur politischen Tätigkeit und zu der Familie von Wettstein findet man unter den Signaturen Politisches Q 1–20.
Hess, Stefan: Wettstein und Riehen – Annäherungen. In: Jahrbuch z’Rieche 2016. S. 110–117.
Hess, Stefan: Ein Bild wirft Fragen auf. In: Jahrbuch z’Rieche 2021. S. 91–97.
Raith, Michael: Johann Rudolf Wettstein 1594–1666. Zum 400. Geburtstag am 27. Oktober 1994. In: Jahrbuch z’Rieche 1994. S. 5–11.
Egger, Franz: Johann Rudolf Wettstein und der Westfälische Frieden. In: Basler Stadtbuch 1998. S. 215–219.
Egger, Franz: Wettstein, Johann Rudolf. In: Historisches Lexikon der Schweiz. URL: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019298/2014-11-11/ (20.02.2020).
Gauss, Julia (Bearbeiterin): Johann Rudolf Wettsteins Diarium 1646/47. Bern 1962.
Gauss, Julia und Alfred Stoecklin: Bürgermeister Wettstein, der Mann, das Werk, die Zeit. Basel 1953.
Hess, Stefan: Der Weinberg des Herrn Burgermeister. Johann Rudolf Wettstein als Weinproduzent. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 98 (1998). S. 35–47.
Historisches Museum Basel (Hg.): Wettstein, die Schweiz und Europa 1648. Ausstellungskatalog. Basel 1998.
Iselin, L. Emil: Geschichte des Dorfes Riehen: Festschrift zur Jubiläumsfeier der 400-jährigen Zugehörigkeit Riehens zu Basel 1522–1922. Basel 1923. S. 141, 146–150, 152, 25*.
Kutter, Markus et al.: Johann Rudolf Wettstein 1594–1666. Seine Bedeutung für Riehen, Basel und die Schweiz. Riehen 1994.
Lehmann, Fritz: Unter der Herrschaft der «Gnädigen Herren» von Basel (1522–1798). In: Bruckner, Albert et al. (Hg.): Riehen – Geschichte eines Dorfes. Riehen 1972. S. 267–318, hier S. 283f., 289, 291.
Wirz, Eduard: Unser Riehen. Riehen 1956. S. 59–66.