Haus Senn

Schnitterweg 40

Der Architekt Otto Senn errichtete 1934 als Erstlingswerk eine Villa für seinen Bruder Willy Senn, in der er Elemente zeitgenössischer und traditioneller Architektur miteinander kombinierte. Das Haus gilt heute als eines der reifsten Beispiele des Neuen Bauens in der Schweiz.

Das Haus Senn ist das Erstlingswerk des Basler Architekten Otto Senn (1902–1993), der 1927 bei Karl Moser (1860–1936) an der ETH Zürich sein Studium abschloss. Nachdem er sich als Mitarbeiter von Paul Artaria (1892–1959) und Hans Schmidt (1893–1972) sowie von Rudolf Steiger (1900–1982) eingehend mit der Architekturströmung Neues Bauen auseinandergesetzt hatte, unternahm er zwischen 1930 und 1933 Studienreisen in England und den Vereinigten Staaten, um sich im Städtebau weiterzubilden. Zurückgekehrt, gründete er 1933 in Basel ein eigenes Büro, in das er seinen jüngeren Bruder Walter Senn (1906–1983) aufnahm, der in Hans Bernoullis (1876–1959) Büro eine Lehre absolviert und danach für Le Corbusier (1887–1965) gearbeitet hatte.

Das Haus Senn ist ein moderner Bau mit Flachdach. Zwei Baukörper, einer davon in der Höhe abgestuft, bilden zusammen ein gleichschenkliges ‹L›. Senn kombinierte Elemente der traditionellen Villa mit denen des zeitgenössischen Bauens. Traditionell sind im Raumprogramm die zahlreichen Wirtschafts- und Repräsentationsräume. Der Wirtschaftstrakt im Nordwesten des Erdgeschosses umfasst zwei Zimmer für das Personal, ein Bügelzimmer und eine Waschküche. Im Erdgeschoss des südöstlichen Flügels befinden sich die herrschaftlichen Repräsentationsräume: ein überhöhter Wohnraum mit offenem Kamin, eine Bibliothek mit Sitz- und Arbeitsmöglichkeiten sowie ein grosszügiges Esszimmer erhalten Licht durch zeitgenössische Bandfenster, die auf den Garten ausgerichtet sind. Die Eingangshalle befindet sich zwischen den beiden Nutzungsgruppen in der Mitte des Hauses. Von hier führt ein Aufgang, der einer Schiffstreppe nachempfunden ist, zu den Schlafräumen der Familie. Das Raumprogramm des Obergeschosses gleicht demjenigen des Hauses Schaeffer, das Artaria und Schmidt als modernen Prototypen einer Wohnung für das Existenzminimum zwischen 1927 und 1929 entworfen hatten. Ein langer Gang mit Wandschränken erschliesst die an der Südseite des Traktes hintereinander gereihten Schlafzimmer. Die Kombination traditioneller und zeitgenössischer Elemente ist auch in der Materialisierung des Hauses zu beobachten. Die tragende Struktur besteht im Wirtschaftstrakt vor allem aus massiven Backsteinmauern, ergänzt durch zwei Eisenträger. Im repräsentativen Teil des Hauses hingegen sind mehr Eisenträger verbaut, um die Bandfenster zu ermöglichen. Im von der Strasse abgewandten südwestlichen Teil des Gartens wurde ein Gartenpavillon aus Eisenprofilen, Blech, Glas und Maschendraht angelegt, der von der darüberliegenden, freigestellten Terrasse überdacht ist. Ein Steg verbindet die Terrasse, die Ähnlichkeiten mit dem Sonnendeck eines Schiffes aufweist, mit dem Elternschlafzimmer.

Das Haus Senn gilt wie die Häuser Colnaghi, Schaeffer, Huber und Sandreuter als Ikone des Neuen Bauens in der Schweiz. Es wurde 2002 durch Miller und Maranta Architekten restauriert und im Juni 2007 unter Denkmalschutz gestellt.

Autorin / Autor: Felix Steininger | Zuletzt aktualisiert am 6.1.2023

Fakten

Haus Senn
Schnitterweg 40
1933–1934
Willy Senn
Unter Denkmalschutz

Jahrbuch Riehen

Literatur

Jahrbuch z’Rieche

Gessler, Christoph: Zwischen Pragmatismus und Avantgarde. Neues Bauen in Riehen von 1925 bis 1935. In: Jahrbuch z’Rieche 1996. S. 106–119.

Weitere Literatur

Anselmetti, Romana: 15. Haus Senn. In: Heimatschutz Basel und Gemeinde Riehen (Hg.): Baukultur entdecken. Neues Bauen in Riehen. Riehen / Basel 2005.

Basler Architektur der dreissiger Jahre. In: Werk, Bauen + Wohnen 68 (1981). S. 32–36.

Birrer, Patrik et al. (Hg.): Otto Senn – Raum als Form. Eine Ausstellung im Architekturmuseum in Basel vom 21. April bis 27. Mai 1990. Basel 1990.

Gutmann, Rolf: Nachruf. Zum Tode von Otto H. Senn über das Gegenwärtige in seinem Werk. In: Werk, Bauen + Wohnen 80 (1993). S. 74f.

Huber, Dorothee: Architekturführer Basel. Die Baugeschichte der Stadt und ihrer Umgebung. 3., akutal. und erw. Aufl. Basel 2014. S. 260f.

Nagel, Anne und Klaus Spechtenhauser: Riehen. Kanton Basel-Stadt. Hg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 2014. S. 66f.

Numme, Line und Rita Palanikumar: Ein Haus ist wie eine Bühne. In: Annabelle 13 (2008). S. 145–151.

Weber, Georges: Nachruf. Zum Andenken an Walter Senn, Architekt BSA. In: Werk, Bauen + Wohnen 70 (1983). S. 80.

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